Eine Zeit für die Klage und eine Zeit für den Tanz

„Zeit für die Klage / Zeit für den Tanz“ Kohelet 3,4

Als Bibliothekare raten wir unseren Lesern dringend, nicht in Bücher zu schreiben. Jedoch, manchmal kann von Hand Geschriebenes, dass wir in alten Büchern finden, als ein historisches Dokument dienen.
Aufgrund des Papiermangels, wurden viele der Bücher in der Breslauer Sammlung als Schreibfläche für ihre Vorbesitzer und manchmal für die Leser der Breslauer-Bibliothek verwendet. Die meisten Handschriften die wir finden, sind kleine Notizen und Erklärungen des Inhalts der Bücher, in die sie geschrieben wurden. In seltenen Fällen jedoch, und dies geschieht normalerweise auf der Vorder- oder Rückseite eines Buches, wird die Oberfläche als Notizblock oder Tagebuch verwendet und enthüllt als solche historische Ereignisse und Fakten, die sonst völlig vergessen worden wären.

Aus dem 1816 in Wien gedruckten Buch „אוצר השרשים“ („Otzer Haschoraschim“). Bresaluersammlung Signatur BH 43

Ein handschriftliches Dokument, dass in einem der Umchläge der Bücher der Breslauer Sammlung gefunden wurde, gibt uns einen Beweis aus erster Hand für die Familiengeschichte des 19. Jahrhunderts. In zwei Teile unterteilt: „עת ספוד“ („Eine Zeit für die Klage“) und „עת לרקוד“ („Eine Zeit für den Tanz“), ein Zitat aus dem dritten Kapitel des Buches Kohelet, enthält es eine Liste der Geburtstdaten und Todestage einer ganzen Familie.
Die Liste wurde in der Ich-Perspektive geschrieben, die einige der darin enthaltenen Nachrichten wirklich herzzerreissend macht. Zum Beispiel der Tod der geliebten Mutter, die den Titel „Meine liebe Mutter“ trägt und dem ein Zitat aus der Mischna angefügt ist: „חיב אדם לברך על הרעה כשם שהוא מברך על הטובה„(„Jeder ist verpflichtet, Gott für das Böse zu danken, genauso wie man Gott für das Gute dankt“).
Am tragischsten ist jedoch der Tod der erst siebenjährigen kleinen Tochter an einem Samstag (dem siebten Tag), der von dem Zitat aus dem Genesis-Buch „ויכל אלוהים ביום השביעי מלאכתו אשר עשה“ („Am siebten Tag vollendete Gott das Werk, dass er geschaffen hatte“) begleitet wird.

Aus dem 1816 in Wien gedruckten Buch „אוצר השרשים“ („Otzer Haschoraschim“). Breslauersammlung Signatur BH 43

Die Liste der positiven Ereignisse bringt Geburtstage von Kindern und Enkelkinder hervor und zeigt, wie gross und fruchtbar diese Familie war.
Am Ende der Liste, finden wir eine Notiz in einer anderen Handschrift, die für uns die Identität der Person preisgibt, die beide Listen geschrieben hat. Es ist sehr wahrscheinlich, dass ein Verwandter diese Liste gefunden und als letzte Anmerkung das Todesdatum unseres Autors hinzugefügt hat: der Arzt Max Kirski (Kierski), der am 6. April 1882 während des Pessachfestes starb und in Białogard begraben wurde.

Datum und Ort des Todes und der Beerdigung von Max Kirski (Kierski) in Hebräisch und Deutsch